Doping: Verfolgt auf Schritt und Tritt

Symbolfoto: Dopingkontrolleur
Symbolfoto: Dopingkontrolleur(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ Andreas Reichart)
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Spitzensportler müssen Dopingjäger ständig über ihren Aufenthaltsort informieren. EU-Datenschützer sehen damit die Grundrechte und die Menschenwürde der Sportler gefährdet.

WIEN. Als großer Wurf war der neue Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) gepriesen worden. Das feinmaschige Kontrollnetz sollte Dopingsündern keine Schlupflöcher mehr lassen: Spitzensportler sind seit 1. Jänner verpflichtet, via Computersystem „Adams“ ihren täglichen Aufenthaltsort ein Vierteljahr im Voraus bekannt zu geben und für jeden Tag eine Stunde festzulegen, in der sie für Dopingtests bereitstehen. Diese „Whereabout“-Regeln halten Sportler wie Datenschützer für bedenklich.

Die Vereinigung „EU-Athletes“ bezeichnete sie glatt als „Hausarrest“ und wandte sich an die EU- Kommission. Justizkommissar Jacques Barrot meinte, bis die „Artikel-29-Datenschutz-Gruppe“ zu einer abschließenden Meinung gelangt sei, sähe er die Bestimmungen des Codes am liebsten ausgesetzt. In einem Zwischenbericht hält die seit Längerem mit dem Thema befasste Gruppe zum Wada-Code fest: „Die darin festgelegten Mindestanforderungen entsprechen allem Anschein nach nicht den in der europäischen Datenschutzverordnung verlangten Mindeststandards.“ Österreichs Vertreterin in der Gruppe, Waltraut Kotschy, die auch Mitglied der Datenschutzkommission im Bundeskanzleramt ist, erwartet eine Entscheidung vor dem Sommer. Bis dahin aber „treiben die Dinge dahin“.

„Pauschale Verdächtigung“

Walter Schrammel, Arbeitsrechts-Professor am Wiener Juridicum, hält es wie die EU: „Kontrollen, ja natürlich, aber...“ Den Wada-Code aber erachtet er für überzogen, die Kontrollen gingen zu weit. Zudem hält er die Sanktion für Dopingvergehen für sehr strikt, zumal es auf ein Verschulden des Betroffenen nicht ankomme. An die Debatte um die „Vorratsdatenspeicherung“ erinnert fühlt sich Datenschutzexperte Rainer Knyrim. Auch dort würden gleichsam pauschale Verdächtigungen ausgesprochen. Ob der Wada-Code das Grundrecht auf Datenschutz verletze, sei anhand der Verhältnismäßigkeit von Dopingaufdeckung und Persönlichkeitsschutz zu prüfen. Die Eingriffe in die Privatsphäre der Sportler seien erheblich und berührten jedenfalls die Menschenwürde. Allein Blut- und Urinwerte stellten sensible Daten dar. Spitzensportler aber hätten eine gesellschaftliche Ausnahmestellung, weshalb die strengen Kontrollen unter Umständen auch zulässig seien.

Namhafte Sportler wie Fußballer Michael Ballack oder die Tennisspieler Rafael Nadal und Andy Murray hatten das System als „zu sehr in das Privatleben eindringend“ kritisiert. Andere sehen den Code als Chance, „Falschspieler“ zu entlarven. Der Zeitaufwand für ein paar Minuten vor dem Computer sei die Aufregung nicht wert.

200 Österreicher erfasst

Ein Zugang, den auch Andreas Schwab, Chef der Anti-Doping-Agentur Austria (Nada) teilt. Das System mit Daten zu versorgen benötige nicht mehr als täglich drei bis fünf Minuten Zeit, sagt Schwab. Und: Die Anwesenheitsdaten könnten bis zu zwei Stunden vor dem Stichzeitpunkt verändert werden. Außerdem bestehe die Möglichkeit, die Administration der Daten zu delegieren.

Derzeit unterliegen 200 österreichische Sportler dem strengen Reglement. Sie wurden von den internationalen Fachverbänden nominiert und sind zum Großteil Skifahrer und -springer, Biathleten oder Schwimmer. Die Rückmeldungen der Aktiven, sagt Schwab, seien positiv: „Das Thema werde international bloß von einigen wenigen Athleten hochgespielt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2009)

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